Ruderwanderfahrt zum Motzener See

Manche fahren nach Motzen, um mal richtig zu motzen – wir rudern zu einem der schönsten Seen Brandenburgs

1.Juli 2018, ein strahlend schöner Morgen, und alle packen mit an, den Achter „Mach dich frei“ für die Fahrt zum Motzener See aus dem Bootsschuppen zu holen. „Mach dich frei“ ist keine Aufforderung zum Nacktrudern, wobei die Herren sicherlich Angst auf ihrem Rollsitz hätten, „Mach dich frei“ ist auch keine Mitteldeutsche Faserplatte, sondern ein stattliches, schweres Holzboot aus dem historischen Bestand des RV Sparta, aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wie ein Tausendfüßler setzt sich das Boot gegen den Wind in Bewegung, am Ufer bleiben die Damen zurück, die sich lieber um den Garten des herrlichen Anwesens kümmern, ein letztes Foto, ein letztes Winkewinke. Schlagmann Kai auf der Acht arbeitet wie eine Maschine, Detlef folgt auf Schlag, Andreas, Kerstin und Raimo sind auch schon wach, auf den hinteren Plätzen beginnen Udo und Andi eine Kabbelei, die Dieter Hallervorden nicht besser im Sketch hätte erfinden können. Alle anderen genießen die morgendliche Stille ohne die Wellen und Dieselausstöße der schmerbäuchigen Freizeitkapitäne auf ihren Pötten und Pöttchen.

Kuddel kann`s, auf Spanisch und Tschechisch

Den Hölzernen See, die Schmölde, Huschtesee, haben wir längst hinter uns gelassen und als die Dahme in den Dolgensee münden will, der erste Boxenstopp in Kuddel`s lustiger Stube, ( https://www.kuddels-gastwirtschaft.de), sehr anlegefreundlich für Wasserwanderer, weitere Pluspunkte: Tschechisches Bier vom Faß, spanische Tapas, recht international hier in der Dahmestr.25 , 15754 Heidesee.

Weiter geht`s Richtung Königs Wusterhausen, durch den langen Dolgensee, die Stadt rückt immer näher, vorbei ist es bald mit der ungefähren Raubvogelbestimmung, dem plötzlichen Aufschrecken eines Gefieders aus den Wäldern, hinter dichtem Schilf verborgen. Häuschen reiht sich an Villa reiht sich ein Häuschen, nicht anders als zu DDR-Zeiten in der klassenlosen Gesellschaft, manch einer hat`s sich hübsch gemacht am Wasser, oftmals neu im protzigen neureichen Dallas-Stil. Wer`s mag … wir Ruderer haben sowieso schon den hypnotisierten Blick, vor Augen nur noch das sich drehende weiße Blatt mit dem roten S für Sparta. Wir folgen der Dahme weiter Richtung Krüpelsee, Zernsdorf, hier werden die behäbigen Schuppenboote für die Tuckerfahrten auf den Seen hergestellt. Dann passieren wir die Schleuse Neue Mühle, der charmante Schleuser hat zu tun.

Ach, die „Deutschland“

Der nächste Stop findet statt in einem der schönsten Bootshäuser nicht nur der Umgebung, im Ruderclub Königswusterhausen (http://rckw.de/de/home/) zapft das Faktotum Bier für die durstigen Kehlen. Im Bootshaus zeigt sich der Verein leistungsorientiert, schicke Rennboote made in China liegen dort.

Weiter geht`s, wir biegen scharf Richtung Backbord, und plötzlich sind wir im Industriegebiet, am Nordhafen in Niederlehme wird investiert, gearbeitet – und ein Bockschiff namens „Ostmark“ gammelt in Vergessenheit vor sich hin, noch schlimmer aber ist es um die „Deutschland“ bestellt! Was sagt uns das?!

In Königs Wusterhausen, auf den Wegen bleiben die Menschen stehen, setzen ihre Einkaufstaschen ab, staunen, jubeln. Wir jubeln zurück, obwohl so langsam der Hintern wehtut. Freue sich, wem Schaumstoffteilchen das Bohren der Löcher vom Rollsitz abmindert.

Vom Fließ zum Kanal

Die Steuerfrau ängstigt sich angesichts der Schmäle des Notte-Kanals, eine Wasserader, wichtig während der Industrialisierung für den Aufbau der Großstadt Berlin; durch die grüne Grütze führt das Niedrigwasser, das viel Wurzelwerk, Schlingpflanzen und jede Menge „Ruder lang“ Befehle mit sich bringt; wir biegen ab in den Galluner Kanal, nicht zum Mellensee, zum Motzener See wollen wir, klares Wasser, 18 m tief. Im „Anglerheim“ ist die Rudertruppe bestens bekannt, verabschiedet wird sich mit herzlichen Umarmungen. Die Currywurst im Bauch, Bier im Blut, geht es einmal quer übern See nach Kallinchen, dem Endziel des Tages nach 50 Kilometern. Im „Alten Krug“ (https://www.alter-krug-kallinchen.de) lassen wir uns so richtig verwöhnen, am nächsten Morgen dann mit einem ausgezeichneten Frühstück, frisch voran für die Rückfahrt …

 Silke Kettelhake